Herr Bernhard, wählen Frauen anders als Männer?

Umfra­gen zei­gen, dass sich Frau­en und Män­ner beim Wäh­len anders ver­hal­ten. Frau­en unter­stüt­zen Par­tei­en, die links posi­tio­niert sind stär­ker als Män­ner. Seit wann dies so ist und wie dies erklärt wer­den kann, weiss Lau­rent Bernhard.

Frau­en wäh­len links, Män­ner rechts. Stimmt das?

Lau­rent Bern­hard: Dies lässt sich in der Tat beob­ach­ten. Gemäss der Schwei­zer Wahl­stu­die Selects wähl­ten Män­ner weit häu­fi­ger als Frau­en die SVP (29% vs. 22%) und die FDP (17% vs. 12%), wäh­rend sich im lin­ken Lager das gegen­tei­li­ge Mus­ter in ers­ter Linie bei den Grü­nen zeig­te (16% vs. 11%).

Wie­so tref­fen Frau­en und Män­ner grund­sätz­lich eine ande­re Wahl?

Die­se Dis­kre­panz kann mit ihren poli­ti­schen Grund­ein­stel­lun­gen in Ver­bin­dung gebracht wer­den. Im Ver­lauf der letz­ten Jahr­zehn­te hat sich her­aus­kris­tal­li­siert, dass sich Frau­en mehr Umver­tei­lung und sozia­le Absi­che­rung wün­schen, in gesell­schaft­li­chen Fra­gen sind sie dage­gen libe­ra­ler ein­ge­stellt. Dies hat zu einer Bevor­zu­gung von lin­ken Par­tei­en geführt.

Was lässt sich über die Teil­nah­me von Frau­en sagen?

Frau­en betei­li­gen sich nach wie in deut­lich gerin­ge­rem Aus­mass an eid­ge­nös­si­schen Wah­len als Män­ner. Vor vier Jah­ren betrug die Dif­fe­renz acht Pro­zent­punkt (41% vs. 49%). Die­ser Geschlech­ter­gra­ben ist aber erfreu­li­cher­wei­se nur bei den Per­so­nen über 65 Jah­ren beson­ders aus­ge­prägt, was gemein­hin mit der spä­ten Ein­füh­rung des Frau­en­stimm­rechts erklärt wird. Unter den jün­ge­ren Jahr­gän­gen kann dage­gen von kei­nem gen­der gap die Rede sein.

Was erwar­ten Sie in Zukunft: wird sich der Geschlech­ter­gra­ben eher öff­nen oder eher schliessen?

In Bezug auf die Wahl­be­tei­li­gung dürf­te er sich lang­sam schlies­sen. Beim Wahl­ent­scheid kann man gespannt sein. Ich erwar­te, dass die geschlech­ter­spe­zi­fi­schen Unter­schie­de in nächs­ter Zeit Bestand haben wer­den und auf­grund von anhal­ten­den Ent­wick­lun­gen in der Gesell­schaft und am Arbeits­markt sogar etwas zuneh­men könnten.


Lau­rent Bernhard

Lau­rent Bern­hard ist Ober­as­sis­tent am Zen­trum für Demo­kra­tie Aar­au (ZDA) der Uni­ver­si­tät Zürich.

Bild: unsplash.com

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