Die Kosten traditioneller Ehemodelle nach einer Scheidung

In der 41. Ausgabe der Zeitschrift Social Change in Switzerland zeigen Robert Fluder und Dorian Kessler, dass die wirtschaftlichen Folgen einer Scheidung in der Schweiz vor allem Frauen hart treffen. Das Einkommen sinkt um 28% bei Frauen ohne Kinder und um 38% bei Frauen mit Kindern. Frauen, die in Ehen mit traditioneller Rollenteilung gelebt haben, sind nach einer Scheidung häufiger auf Sozialhilfe angewiesen.

Seit den 1970er Jahren sind die Ehen instabiler geworden. Während 1970 nur ein Fünftel der Ehen geschieden wurde, liegt die Scheidungsrate heute bei rund 40%. Das Einkommen der Frauen sinkt im Jahr nach der Scheidung deutlich: um 38% bei Frauen mit minderjährigen Kindern und um 28% bei Frauen ohne Kinder. Demgegenüber sinkt das Einkommen der Männer auch unter Berücksichtigung der Transferzahlungen nur geringfügig, und zwar um 3 bis 5%. Betrachtet man jedoch die subjektive Einschätzung der finanziellen Situation, so ist die Verschlechterung bei Frauen und Männern gleich gross – möglicherweise, weil die zu leistenden Unterhaltszahlungen von Männern als stark belastend empfunden werden.

Unterhaltszahlungen sind für die finanzielle Situation nach einer Scheidung entscheidend. Zwischen Mitte der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre wurden nacheheliche Unterhaltsbeiträge immer seltener zugesprochen, so dass heute nur noch rund 20% der geschiedenen Frauen ohne Kinder und zwei Drittel der Frauen mit Kindern Unterhaltsbeiträge erhalten. Für Frauen mit Kindern betragen diese durchschnittlich 1900 Franken pro Monat und leisten einen wichtigen Beitrag zur Existenzsicherung. Dennoch sind 7-8% der Frauen mit Kindern in den ersten zwei Jahren nach der Scheidung auf Sozialhilfe angewiesen.

Das Sozialhilferisiko steigt nach einer Scheidung insbesondere für Frauen, die in Ehen mit traditioneller Rollenteilung gelebt haben. Demgegenüber beziehen Paare mit egalitärer Rollenteilung nach einer Trennung deutlich seltener Sozialhilfe. Die Autoren plädieren daher für Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dazu gehören die flächendeckende Verfügbarkeit von bezahlbaren Krippenplätzen, die Beseitigung der steuerlichen Benachteiligung von Zweiverdienerpaaren und die Förderung von Teilzeitarbeit auch in anspruchsvollen Berufen.


Referenz

Fluder, R. & Kessler, D. (2025). Die Kosten traditioneller Ehemodelle: Einkommensverluste,
Armut und soziale Absicherung nach der Scheidung. Social Change in Switzerland, N°41,
www.socialchangeswitzerland.ch (vollständiger Artikel)

Bild: unsplash.com

Anmerkung: Dieser Artikel wurde von Raed Hartmann, DeFacto, bearbeitet.

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